Los 307 aus unserer Auktion 58 am 29. April 2023
Modular. Acryl auf Leinwand. 1981. 92 x 61,5 cm. Gerahmt.
Verso zweifach signiert u. datiert sowie betitelt u. mit Widmung von 1987 versehen.
Provenienz: Vom Vorbesitzer 1987 direkt beim Künstler erworben.
Formen pulsieren, Farben leuchten, Linien oszillieren und tanzen über energiegeladene Leinwände – Julian Stanczaks farbintensive, geometrisch abstrakte Gemälde basieren auf einem regelmäßigen Streifen-, Quadrat- oder Wellenraster und erzeugen beim Betrachter einen Eindruck von Bewegung und Dreidimensionalität. Auch das vorliegende Gemälde “Modular” aus dem Jahr 1981 setzt sich aus zahlreichen quadratischen Formen zusammen, deren Farbigkeit von einem strahlenden Gelb in ein schillerndes Grün übergeht und zu den Bildrändern hin in ein intensives Blau ausläuft. Durch die dicht gesetzten, verschiedenfarbigen Strukturen entsteht der Eindruck eines vibrierenden Leuchtens.
Stanczaks farbenfrohe, optimistische Kompositionen lassen nichts von seiner traumatischen Kindheit erahnen. 1928 in Polen geboren, wurde der erst Elfjährige im Zweiten Weltkrieg in einem sibirisches Arbeitslager interniert, wo er die Funktionsfähigkeit seines rechten Armes verlor. Nachdem er eine Amnestie aus dem Arbeitslager erhielt, schloss er sich in Persien der Anders-Armee an, desertierte aber wenig später und floh nach Uganda, wo er in einem polnischen Flüchtlingscamp seine restliche Jugend verbrachte. Das Farben- und Lichtspiel, die Flora und Fauna, die Stanczak in Afrika beobachtete, beeindruckten ihn zutiefst und veranlassten ihn schließlich dazu, künstlerisch zu arbeiten. “Für mich war das ein absolut fantastisches Phänomen, das ich jeden Tag genießen konnte. Zuerst kam der Regen und dann die Sonne nach dem Regen. Ich schaute auf den Dschungel und er färbte sich von Violett zu fast Rot und dann wieder Blau-Grün oder Schwarz. Es war ein schillerndes Farbenspiel. Diese ganze Dramatik berührte mich und ich wollte sie visuell festhalten.” (www.julianstanczak.com/life)
Nachdem Stanczak zwei Jahre in London gelebt hatte, emigrierte er 1950 in die USA. Er studierte zunächst am Cleveland Institute of Art und wurde später in das Kunstprogramm der Yale University aufgenommen, wo er bei Josef Albers lernte. Angeregt durch Albers’ Vorbild wandte er sich einer abstrakten Bildsprache zu und stellte das Experimentieren mit Farbe ins Zentrum seines künstlerischen Schaffens. Stanczak gehört damit zu den ersten Vertretern der Op-Art. In seiner Kunst ging es Stanczak jedoch weniger um das Erzeugen optischer Illusionen, sondern vielmehr um die Visualisierung von flüchtigen, subtilen Eindrücken. Stanczaks Interesse galt den Emotionen, die Farbe hervorrufen kann: “Warum arbeite ich so gern mit Farbe? Weil sie unsere Seele schneller erreicht. Und weil sie keine Skrupel hat. Eine Farbe gibt uns eine unmittelbare Reaktion auf die Wärme, Kälte, Helligkeit. Farbe bedeutet Leben, das sich mit dem Licht unendlich verändert.” (Stanczak, in: Julian Stanczak. Don’t talk, just look. London, The Mayor Gallery, 2019, S. 26) Treffend heißt es daher auch im Katalog der umfassenden Retrospektive, die im Butler Institute of American Art gezeigt wurde: “Farbe ist Stanczaks Persona. Farbe absorbiert ihn. Sie ist sein Kommunikationsmittel und kann Naturphänomene, einen Ort, ein Ereignis oder einfach die Herrlichkeit der Farbe selbst betreffen.” (Elizabeth McClelland, in: Julian Stanczak. A Retrospective. Youngstown, The Butler Institute of American Art, 1998, S. 33; alle Zitate aus dem Englischen übersetzt von Lehr Kunstauktionen)
Ergebnis: 35.840 € (inkl. Aufgeld)
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