Los 239 unserer Auktion 52 am 25. April 2020
Sandhaufen, dithyrambisch. Leimfarbe auf Nessel. 1966/67. 83,5 x 126 cm.
Signiert.
Provenienz: Berliner Privatsammlung. Vom Vorbesitzer um 1967 direkt beim Künstler in dessen Atelier in der Winterfeldtstraße erworben.
Wir danken Herrn Michael Werner für die freundlichen Hinweise.
1964 hatte sich Lüpertz mit 15 weiteren Künstlern unter dem Namen “Großgörschen 35” in Berlin-Schöneberg zu einer Ausstellungsgemeinschaft zusammengeschlossen. Dort erhielt er unter dem Titel “Dithyrambische Malerei” vom 19. März bis 30. März 1965 seine erste Einzelausstellung. In diesen Kontext gehört auch vorliegendes Gemälde, das sich seit dieser Zeit in Berliner Privatbesitz befindet. Den Begriff “Dithyrambe”, abgeleitet vom griechischen Dithyrambus, entnahm Lüpertz den Dionysos-Dichtungen Friedrich Nietzsches. “Die ‘Erfindung der Dithyrambe im 20. Jahrhundert’ bot dem Maler die Möglichkeit, die Wirklichkeit zu überschreiten und zu verändern. ‘Dithyrambe’ ist also der unsichtbare, nicht erklärbare Punkt außerhalb der gemalten Bilder, jener eigentliche Antrieb der Bilder, der von der alten Kunsttheorie mit ‘idea’, ‘Schönheit’, ‘Ideal’ usw. bezeichnet wurde. […] Markus Lüpertz hatte also einen Weg gefunden, kraftvolle Modellierung mit einer feineren, dialektischen Bildstruktur zu einer schlüssigen Form zu verbinden. Er hatte das malerische Äquivalent zu seinem Anspruch gefunden, den Optimismus der sechziger Jahre darzustellen durch die monumentale Überhöhung des Gegenstandes und zugleich die rätselhafte, nicht einlösbare Erfahrung der Widersprüchlichkeit der Kräfte der Wirklichkeit, d.h. der Gesellschaft, einzubeziehen, wie das ähnlich bei den Surrealisten vorformuliert war. Die ‘Erfindung der Dithyrambe im 20. Jahrhundert’ ist eine malerische Behauptung, die sich in den ersten Bildern von Markus Lüpertz zu unerhörter Vehemenz steigert. Das eher zufällige Nebeneinander von linearer Disziplin und gestischer Malerei, das noch die Werke vor 1964, z.B. ‘Donald-Duck-Serie’, prägte, wurde ausgeschaltet. Der Zugriff des Malers war direkt und robust. Die gliedernden und formenden Kräfte wurden ihrer selbst sicherer. Die Härte der Gegenstände und die stoffliche Weichheit der Malerei ergeben die Spannungen der ersten ‘Dithyramben’.” (Siegfried Gohr, Köln, Josef-Haubrich-Kunsthalle, 1979, S. 8-10)
1966 veröffentlichte Lüpertz sein “Dithyrambisches Manifest” unter dem Titel “Kunst, die im Wege steht” sowie 1968 “Die Anmut des 20. Jahrhunderts wird durch die von mir erfundene Dithyrambe sichtbar gemacht”.
Atelierspuren sowie stellenweise leicht angestaubt.
Ergebnis: 128.000 € (inkl. Aufgeld)
Please register or log in to use this function.