Los 49 unserer Auktion 52 am 25. April 2020
Gardone VII. Öl auf Leinwand. Um 1911. 80,5 x 100,5 cm. Gerahmt.
Verso zwei Etiketten der Galerie Ferdinand Möller, Köln, dort betitelt.
Brockhusen studierte von 1897 bis 1903 u.a. bei Ludwig Dettmann an der Königsberger Kunstakademie. 1904 übersiedelte er nach Berlin, wo er bald darauf der Secession beitrat. Eine Parisreise 1909 führte zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Werk von Vincent van Gogh, dessen leuchtende Farben und expressive Pinselführung ihn maßgeblich beeindruckten und prägten.
Gesundheitliche Gründe führten Theo von Brockhusen 1911 auf eine längere Reise – über den Schwarzwald und Baden-Baden nach Gardone Riviera, einen kleinen und vornehmen Kurort an der Westküste des Gardasees. Wegen seiner therapeutisch-klimatischen Eigenschaften empfahlen deutsche Ärzte den Ort besonders für längere Aufenthalte. Innerhalb von wenigen Jahren wurde Gardone zu einem angesehenen Kurort, in der gutbürgerlichen Gesellschaft alsbald unter dem Spitznamen “Klein-Nizza” bekannt.
Getaucht in das warme Licht des Südens lässt vorliegende Ansicht von Gardone dieses Lebensgefühl spürbar werden. Wie in vielen anderen Gemälden malte Brockhusen, von einer erhöhten Warte aus, die Uferpromenade des Gardasees, wahrscheinlich aus seinem Zimmer oder einer Balkonterrasse des luxuriösen Hotel Savoy Palast. Entlang der Fahnen vor seinem Hotel, über den kleinen Fischerhafen hinweg, fällt sein Blick auf die Türme des Grand Hotels und in der Ferne der örtlichen Kirche. Ganz mit zarten Rosétönen unterlegt, vermochte der Künstler mit seiner einzigartigen Verbindung aus impressionistischem Eindruck und expressionistischem Ausdruck das Gefühl des wunderbaren Tages wiederzugeben. Ein Zeitgenosse beschrieb treffend Brockhusens einzigartiges Gespür für die Farbigkeit: “Die Bilder sind im Grunde farbig empfunden und gedacht: um aber einen möglichst überzeugenden Raumeindruck, eine klar und fest umrissene Gliederung der hintereinandergelegenen Flächen zu erzielen, baut sich das Bild aus konstruktiven Pinselstrichen auf. Die Art, wie die Farbe hingesetzt ist, ist keine zufällige; die Striche des Pinsels modellieren gleichsam die einzelnen Gegenstände und heben sie plastisch aus der Umgebung heraus. Dem Gekräusel der Wellen entsprechen sich schlängelnde Linien; breit hingelagerte Wolken werden durch breit hingesetzte Farbflecke charakterisiert oder ein lichter vibrierender Frühlingshimmel besteht aus einem lockeren Geflecht zarter blauer, rosiger, gelber und grüner Strichelchen. Energisch zwängen sich die langen Linienzüge einer Straße nach der Tiefe hin und leiten so den Blick nach hinten, wo eine Seefläche durch breite waagrechte Strichflächen wiedergegeben ist, auf die die lockeren Striche des Himmels senkrecht herabstoßen.” (E. Plietzsch, in: Die Kunst für alle. Heft 31, 1915/16, S. 311)
Die meisterliche Handhabung der Farbe wie des bewussten Pinselgestus als kompositorisches Mittel machten Brockhusen zu einem begehrten Künstler. Kein Wunder, dass er schon bald bei Paul Cassirer unter Vertrag war und wiederholt in seiner Galerie ausgestellt wurde. Auch Gustav Pauli, später Direktor der Hamburger Kunsthalle, schrieb 1912 über Brockhusen, dass er alle Hoffnungen erfüllt und seinen eigenen persönlichen Stil mit einer “starken, farbenfrischen Landschaftskunst” entwickelt habe. Zahlreiche Kunstpreise in diesen Jahren sowie das vorliegende Meisterwerk sind der Beweis. (G. Pauli in: Kunst und Künstler, Heft 10, 1912, S. 413f)
Vereinzelt minimales Craquelé und winzige Retuschen.
Ergebnis: 51.200 € (inkl. Aufgeld)
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