Los 123 unserer Auktion 39 am 26. Oktober 2013
Böhmische Landschaft. Öl auf Leinwand auf Holz montiert. 1939. 65 x 85 cm. Gerahmt.
Monogrammiert u. datiert.
Löffler 42/18, dort irrtümlich 1942 datiert.
Die dreißiger Jahre stellten Otto Dix vor enorme Herausforderungen, denn sein Leben und malerisches Werk veränderten sich grundlegend. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde Dix zur Persona non grata, auch verlor er sein Amt an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Mit seiner Familie floh der Künstler nach Randegg und anschließend nach Hemmenhofen an den Bodensee, wo er sich ab 1934 der Landschaftsmalerei widmete. Eine Reise mit dem Maler Franz Lenk in das naheliegende Hegau erwies sich als so fruchtbar, dass sie die Resultate dieser “Zusammenarbeit” in der Galerie Nierendorf in Berlin ausstellten. Für Dix glich die Zeit einem malerischen Neuanfang, zugleich war sie ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die innere Emigration.
Im Juni 1939 schrieb Dix an seinen Schwager Ernst Bursche: “Ich mache meistens Landschaften, viele Baum- und Häuserstudien, um vom Motiv unabhängig zu werden und die Landschaft zu erfinden. Denn es ist selten, daß man ein Motiv so vorfindet, wie man’s beim Malen brauchen kann. Es ist ja notwendig, daß man viele Überschneidungen und Gegenstände schafft, die das Bild erst lebendig machen. Ich scheue mich heut nicht, die Ufer des Bodensees mit Felsen und Gebirgen zu versehen, die es ja gar nicht geben kann. Aber schließlich ist der künstlerische Ausdruck das Wesentliche, nicht die Naturschönheit.”
Es ist davon auszugehen, dass das vorliegende Werk eine natürliche Landschaft zeigt, die zugunsten der Komposition idealisiert wurde. Nachweislich veränderte Dix in seinen Bildern Distanzen und Charakteristika, um seine Idee von Landschaft malerisch umzusetzen. Somit spielt es kaum eine Rolle, ob der durch die irrtümliche Datierung zugeschriebene Titel “Böhmische Landschaft” zutrifft oder ob es sich vielmehr um eine Hegauer- oder Bodenseelandschaft handelt. Die Wirkung des Bildes ist vorrangig. Kompromisslos komponierte der Künstler ein ausgewogenes Werk, das in zarten Violett-, Grau-, Orange- und Grüntönen aufeinander abgestimmt ist und das getragen wird von einem weiten, endlosen Blick. Von einem Bergrücken aus sieht der Betrachter in eine Landschaft hinab, aus deren nebeligem Dunst bewachsene Bergkegel aufsteigen. Der Vordergrund wird durch knorrige Bäume gerahmt, die seitlich vom Betrachter stehen und seit Ewigkeiten verwurzelt scheinen. Als Lebenssymbol für die Menschheit geltend, versprechen sie, obwohl von Wind und Wetter gegerbt, Trost und Halt. Die hintergründige Landschaft hingegen suggeriert trotz ihrer scheinbaren Idylle, aufsteigende Bedrohung, eine “Ruhe vor dem Sturm”, die als verschlüsselte Botschaft für die damaligen politischen Verhältnisse zu stehen scheint. – Dix sah sich mit seinen Landschaftskompositionen in der Tradition von Caspar David Friedrich, Jan Breughel und Lucas Cranach. Mit seiner virtuosen Lasurtechnik steht er seinen Vorgängern in keiner Weise nach. Trotz ihrer altmeisterlichen Brillanz wirken seine ohne Pathos oder narrative Elemente formulierten Werke geradezu modern und tragen den Keim ihrer Entstehungszeit in sich.
Ergebnis: 140.800 € (inkl. Aufgeld)
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