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Wigand, Albert

(Ziegenhain in Hessen 1890 - 1978 Leipzig)

Wigand, Albert
(Ziegenhain in Hessen 1890 - 1978 Leipzig)
o.T. (Rotes Rechteck auf Blau und Grau). Tempera über Papier- u. Textilcollage auf Karton. Um 1965. 37,3 x 26,4 cm, im Passepartout freigestellt. Unter Glas gerahmt.

Grüß-Wigand C-1965/90 - Abgebildet in: Roland März, Collagen in der Kunst der DDR, Leipzig 1978, Abb. 3 sowie ausgestellt und abgebildet in: Albert Wigand. Dresden Leonhardi-Museum, 2008, S. 184. - "Der Arbeitstisch Albert Wigands barg in seinem anregenden Durcheinander der unterschiedlichsten Materialien zugleich eine Quelle für seine unerschöpfliche bildnerische Inspiration. Das sanfte Rosa eines Stückchens Papier oder das satte Violett eines Stoffetzens allein vermochte es, ihn zur Gestaltung zu verlocken: 'Jeder Zufall reizt mich, ein Farb- oder Tuschfleck, ich arbeite dann weiter.' Es ist schon eine Seltenheit, daß der kultivierte und an moderner französischer Malerei geschulte Altmeister kostbarer Stilleben, Stadtlandschaften und Interieurs in seiner Collage mit dem roten Rechteck auf Blau und Grau auf jegliche Andeutung des Abbildhaften verzichtete. Oder vielleicht doch keine Seltenheit? Denn mit zunehmendem Alter des gebürtigen Hessen, der seinen Lebensunterhalt als Schaufensterdekorateur, Hilfsarbeiter und Laternenwärter in Dresden verdiente, schritt auch die Flächenbetonung und Abstraktion in seinen Bildern voran. Wigands Collage ist eine freie Improvisation von relativ selbständigen Farb- und Formwerten, die die Flächigkeit des Bildes betonen. Auf dem verhalten leuchtenden Temperagrund sind gerissene und geschnittene Textilfragmente und kleinere Papierstücke geklebt. Manches davon ist mit der Tempera übermalt, um die einzelnen Partien stärker zu konzentrieren und zu vereinheitlichen. Bei aller Flächigkeit verleihen die sandfarbenen, golddurchwirkten, rot-weiß-gepunkteten und violetten Stoffe dem Bilde eine leichte Reliefhaftigkeit. So öffnet sich Räumliches und wird wieder verschlossen. Konstruktive und amorphe Formen staffeln sich im Auf und Ab zu einer Komposition, in der sich Malerei und Collage aufs glücklichste vereinen. Im sonoren Farbklang von Blau, Grau und Violett leuchtet signalhaft eine karminrotes Papierrechteck auf: Kammermusik der kleinen, unscheinbaren Dinge. Vielleicht ist Albert Wigand nirgendwo freier gewesen als in den Collagen der letzten Jahre, so nahe an dem, was ihm als glücklichste Erfüllung in der Malerei vorschwebte: 'Eigentlich muß ich erst anfangen. Immer das Zinnoberrot, nebeneinander mit Rosa und Violett. O Gott - die Farbe, das Auge zum Sehen!'" (Roland März 1978, S. 14) - Die rechte untere Ecke mit einem kleinen Farbverlust.
Hammer: 3.400 €