Los 76 aus unserer Herbstauktion am 26. Oktober 2024
Selbstporträt. Öl auf Leinwand. 1928. 77,5 x 67,5 cm. Gerahmt.
Der Keilrahmen verso mit einem Etikett der Galerie von Abercron, München.
Zienicke 40 (Umschlagbild) – Ausgestellt in: Xaver Fuhr. München, Galerie von Abercron, 1984, Katalog-Nr. 1 (Einladungsbroschüre mit Titelabbildung beigegeben) sowie ausgestellt und abgebildet in: Xaver Fuhr. Retrospektive. Städtische Galerie Karlsruhe, 1998, S. 43.
Xaver Fuhr verstand seine Kunst als “ein unbewusstes Sichtbarmachen und formendes Ordnen ursprünglicher chaotischer Spannungen, eine schöpferische Konfliktlösung seelischer Erlebnisse, geboren aus dem ewigen Zwiespalt Gefühl – Verstand, Objekt – Subjekt, Realität – Irrationalität” (Xaver Fuhr an Günther Franke, in: Sammlung Günther Franke. München, Städtische Galerie, 1960).
Unser 1928 vom 30-jährigen Künstler geschaffenes Selbstbildnis stellt mit seinem Sujet eine Besonderheit im gesamten Oeuvre des Künstlers dar. Dabei wird auch hier die für Fuhr typische flächenhafte Bildgestaltung sowie seine Vorliebe für starke Farbkontraste deutlich. Gleiches gilt für die verquer angelegten, prägnanten Linienkonstruktionen, die dem einfachen Bildaufbau eine außerordentliche Dynamik verleihen. Unmissverständlich auf seinen Berufsstand hinweisend, inszenierte sich der Künstler sitzend in seiner gewohnten Arbeitskleidung – dem Malerkittel. Vor dunklem Hintergrund, der ein aus feinen hellen Linien chiffriertes Pflanzenkonstrukt offenbart, gestaltete Fuhr das Inkarnat seiner selbst in knalligen Grüntönen, wobei er den Fokus auf seine langgliedrigen, fast wurzelförmigen Finger und sein Gesicht legte. Mit kritischer Miene fixiert er eindringlich sein Gegenüber und verbildlicht so seine persönlichen Empfindungen: “Ich selbst habe das Gefühl, im Zustand jener vertrakten Pflanzen zu leben, die zwischen den engsten Steinritzen ihre grünen Fanfaren pressen und man sich mit wunderlichem Staunen fragt, woher sie ihre Nahrung nehmen.” (Xaver Fuhr, in: Zienicke 1984, S. 45)
Seine Heimatstadt Mannheim musste der Künstler 1943 verlassen, da seine Wohnung und ein Teil seiner Arbeiten nach einem Bombenangriff zerstört worden waren. Das von der Gestapo angefeindete Ehepaar Fuhr flüchtete damals zunächst nach Nabburg. Ab 1950 lebte der menschenscheue Künstler mit seiner Frau Josefine in Regensburg in einer kleinen Dachgeschosswohnung, wo sich der Maler sein lang ersehntes kleines Atelier einrichten und ungestört arbeiten konnte. Bis 1966 reiste Fuhr zudem alle vierzehn Tage nach München, um seiner seit 1946 bestehenden Anstellung als Professor an der Akademie nachzugehen. Sein mehrfach ausgezeichnetes Gesamtwerk ist geprägt von der Wiedergabe der erfahrbaren Wirklichkeit, die Fuhr bei der genauen Beobachtung seiner Außenwelt entdeckte und im Sinne seiner seelischen Wahrnehmung auf das Wesentliche reduzierte oder umformte.
Ergebnis: 40.960 € (inkl. Aufgeld)
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