Los 32 aus unserer Herbstauktion am 25. Oktober 2025
Kopf eines Bauern. Öl auf Leinwand. 1922. 60 x 53,5 cm. Gerahmt.
Signiert. Verso signiert u. datiert.
Riedel 115 – Provenienz: Privatsammlung Bielefeld; Privatsammlung Werther; Privatsammlung Berlin. – Ausgestellt u.a. in: Ausstellung der Vereinigung Westfälischer Künstler und Kunstfreunde. Buer-Bochum, Gewerkschaftshaus, 1925 sowie ausgestellt und abgebildet u.a. in: Peter August Böckstiegel. Menschen und Landschaften. Kunsthalle Bielefeld, 1998, Katalog-Nr. 100, Tafel 49, S. 139; Conrad Felixmüller – Peter August Böckstiegel. Arbeitswelten. Kunsthalle Bielefeld, 2007, S. 99; Kosmos Böckstiegel. Künstler und Sammler. Paderborn, Städtische Museen und Galerien, 2018, Katalog-Nr. 12, S. 82; Nolde/Böckstiegel. Ein Dialog in Grafik und Gemälden. Werther-Arrode, Museum Peter August Böckstiegel, 2024, Katalog-Nr. 30, S. 42.
“Vater Thorlümke, ein Bauer aus Arrode, eine vom Alter und harter Feldarbeit gebeugte Gestalt, scharfe Hakennase, die blitzenden Augen von Hut und Bart eingebettet, war zu jeder Stunde für mein Schaffen bereit.” (Peter August Böckstiegel, Erlebtes und Erschautes (1933), in: Ernst-Gerhard Güse (Hrsg.), Das Peter-August-Böckstiegel-Haus in Arrode, Bönen 2010, S. 99)
Eindrücklich offenbart unser ausdrucksstarkes Porträt den Kern von Böckstiegels künstlerischem Schaffen: die tiefe Verbundenheit mit seiner westfälischen Heimat und ihren Menschen. Der hier zitierte “Vater Thorlümke” war für Böckstiegel nicht bloß ein Modell. Vielmehr verkörperte er für ihn eine Art Lebenswelt, die geprägt ist von Arbeit, Würde und Erdverbundenheit. Mit kräftigem, pastosem Farbauftrag und expressiver Formensprache hat Böckstiegel das Antlitz des Alten zu einem nahezu monumentalen Charakterkopf verdichtet. Leuchtendes Rot, erdiges Braun, glühendes Gelb und dunkles Grün überlagern sich in grob modellierten Partien und verleihen dem zerfurchten Antlitz physische Präsenz.
Das Jahr 1922 markiert eine Phase großer Produktivität und innerer Reifung in Böckstiegels Werk. Nach seiner Rückkehr aus Dresden, wo er in engem Austausch mit der expressionistischen Künstlergruppe “Die Brücke” stand, fand er in der bäuerlichen Umgebung und direkter Nachbarschaft seines Geburtsortes neue künstlerische Kraft, jedoch nicht in romantisierender Weise, sondern mit expressiver Wucht und tiefer Empathie. Im Spannungsfeld zwischen Moderne und bäuerlicher Tradition nahm Böckstiegel auch immer wieder religiöse Motive auf, die er mit den Ausdrucksmitteln des Expressionismus in kraftvolle, emotionale Bilder übersetzte.
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten änderte sich Böckstiegels Lage dramatisch. Seine Werke galten als “entartet” und zahlreiche Gemälde wurden aus öffentlichen Sammlungen entfernt. Die Bombardierung Dresdens im Februar 1945 zerstörte sein Dresdener Atelier und damit viele Werke unwiederbringlich. Zurück in Arrode engagierte Böckstiegel sich führend in der Westfälischen Sezession 1945, um das Kulturleben in der Region wiederzubeleben. 1949 nahm er an der Zweiten Deutschen Kunstausstellung in Dresden teil und erhielt dort ein Ehrenatelier. Zugleich widmete ihm die Gemäldegalerie eine große Retrospektive – eine späte Anerkennung seines künstlerischen Beitrags zur Moderne.
Schätzpreis: 18.000 €
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