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Dodo (Dörte Clara Wolff)

(Berlin 1907 - 1998 London)

Dodo (Dörte Clara Wolff)
(Berlin 1907 - 1998 London)
Keine Chance. Aquarell u. Deckweiß über Bleistift auf chamoisfarbenem Karton. 1929. 46,5 x 34,8 cm, unter Passepartout. Unter Glas gerahmt.
Signiert.

Abgebildet in: ULK, Nr. 58.9, 1.3.1929, ohne Seitenangaben sowie ausgestellt und abgebildet in: Dodo. Leben und Werk. Berlin, Kunstbibliothek u.a., 2012, S. 91. - Dörte Clara Wolff, genannt Dodo, Tochter einer gutbürgerlichen jüdischen Familie in Berlin, studierte von 1923 bis 1926 an der angesehenen Kunst- und Kunstgewerbeschule Reimann bei Georg Tappert und Erna Schmidt-Caroll. Nach ihrem Abschluss erhielt sie sogleich Aufträge von der "Vogue" sowie dem Satiremagazin "ULK" und lieferte Entwürfe für die Revue "Es liegt in der Luft" mit Marlene Dietrich. Bald gehörten ihre Zeichnungen zum festen Bestandteil der Zeitschriften und wetteiferten mit den Werken von Jeanne Mammen um die Titelseiten. Selbständige Frauen wie sie wurden zum Sinnbild der Goldenen Zwanziger. - In diesen Umbruchsjahren erforschte Dodo die Möglichkeiten ihrer neu gefundenen politischen und gesellschaftlichen Freiheit. Die Menschen der wilden Metropole Berlin, besonders die vergnügungssüchtigen Subkulturen mit ihren exotischen Tänzerinnen und Tänzern übten eine große Faszination auf sie aus. Mit expressiven Bewegungen und extravaganten Erscheinungsbildern sprengten sie überkommene gesellschaftliche Klischees und galten als Pioniere eines radikal neuen Selbstverständnisses. Für Dodo stellte sich dieses Umfeld als nicht enden wollende Quelle der Inspiration heraus. Dabei zielte sie darauf, den gesellschaftlichen Glanz und die offen zur Schau getragene Dekadenz zu hinterfragen, perfide Abhängigkeiten zu skizzieren oder scheinbares Glück offenzulegen. - Auch die vorliegende Arbeit belegt die intensive Auseinandersetzung der Künstlerin mit fremden Kulturen und ungleichen Paaren. Ihre mit feinem Strich treffend festgehaltenen Situationen, Haltungen, Gesten und Gesichtszüge sind grafisch, leicht koloriert und eindringlich gestaltet. Doch hier ist nicht die klassische Situation eines älteren Herrn mit einer jungen Dame abgebildet, sondern vielmehr die Begegnung eines asiatischen Mannes mit einer jungen Frau in europäischer Kleidung. In der neuesten Mode mit Pelzkragen und schrägem Hut gekleidet, wendet sie ihr Gesicht kokett von seinem Liebeswerben ab: "Unnahbar und blasiert, geschminkt und gepudert erschien die Dame von Welt abends in großer Toilette. Der Mantel mit üppiger Pelzverbrämung an Kragen, Ärmeln und Saum, wie er von einer Vielzahl von Dodos Protagonistinnen getragen und insbesondere in ihrer Straßenszene dominierend zur Schau gestellt wird, dient nicht nur zum Schutz gegen die kalte Witterung, sondern auch der Koketterie. Man trägt ihn ebenso in Innenräumen wie am Strand und verleiht sich damit eine extravagante Note. Und er ist mehr als das: Als drapierende Umrahmung des zarten Kerns der Frauen, wappnet er sie wie ein Schutzpanzer gegen die herrschende soziale Kälte." (Miriam-Esther Owesle, Embleme des Zeitgeists - Dodos Illustrationen für das Unterhaltungsblatt ULK, in: Katalog Berlin 2012, S. 34)
Zuschlag: 36.000 €