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Grundig, Hans
(1901 Dresden 1958)
Grundig, Hans
(1901 Dresden 1958)
Stehender weiblicher Akt. Aquarell über Bleistift auf leichtem Karton. 1925. 42,5 x 32 cm, im Passepartout freigestellt. Unter Glas gerahmt.
Signiert u. datiert.
Provenienz: Sammlung Hugo Erfurth, Dresden; Galerie Hasenclever, München; Privatsammlung Niedersachsen; Privatsammlung Nordrhein-Westfalen. - Hans Grundigs Werk ist ein Beispiel für die Haltung der Dresdner Künstler der Neuen Sachlichkeit, die sich ab etwa 1920 von der pathetischen Emphase des Expressionismus abgrenzten. Im Gegensatz zu den zynischen Chronisten ihrer Zeit, wie Grosz oder Dix, traten Grundig und andere jüngere Künstler als engagierte Gestalter gesellschaftlicher Visionen auf. Hier liegt der Fokus auf einer bewusst gebrochenen, teils naiv wirkenden Darstellung, mit der Grundig das Ziel verfolgte, die soziale Realität seiner Gegenwart ungeschönt, aber eindringlich sichtbar zu machen. - Vor allem in unserem weiblichen Akt kommt diese Haltung klar zum Ausdruck: Die Pose des Modells ist provokant, der leicht verzogene Mund und der starre Blick erzeugen eine Distanz, die nicht nur kühl, sondern gesellschaftlich aufgeladen erscheint. Die reduzierte Farbigkeit und der spontane Pinselduktus verstärken die emotionale Kälte. Damit gelingt es Grundig, auf die sozialen Umstände der Zeit hinzuweisen. Anders als bei Dix, der oft mit Allegorien und symbolischer Überformung arbeitete, steht bei Grundig der Mensch selbst und sein existenzieller Zustand im Mittelpunkt. - Sein künstlerisches Anliegen, das er gemeinsam mit seinen Zeitgenossen verfolgte, beschrieb er rückblickend: "Das ist unser allgemeiner Feind, die Welt in Ausschnitte zu zerlegen, die noch dazu Abziehbilder des Wirklichen sind, sie zu entkleiden von ihren tieferen Zusammenhängen. Wir wollen nicht ein Narkotikum sein für Außenseiter des Lebens, aber auch das wollen wir nicht, Abgründe mit Watte und Seidenschleiern bedecken, Schutzengel dazu malen, die aus bewusster Gesellschaftslüge bestimmter Kreise entwickelt wurden. Wir sind und wollen sein in Wahrheit Realisten, Fackelhalter der uns erkennbaren Wahrheit. Nichts verdecken, aber alles zeigen, und das Schöne im Leben, gerade das ist es, was wir mit Sehnsucht unseres Herzens ersehnen und mit allen Mitteln erkämpfen." (Brief von Hans an Lea Grundig, 24.9.1946) - Vereinzelt minimal stockfleckig.
(1901 Dresden 1958)
Stehender weiblicher Akt. Aquarell über Bleistift auf leichtem Karton. 1925. 42,5 x 32 cm, im Passepartout freigestellt. Unter Glas gerahmt.
Signiert u. datiert.
Provenienz: Sammlung Hugo Erfurth, Dresden; Galerie Hasenclever, München; Privatsammlung Niedersachsen; Privatsammlung Nordrhein-Westfalen. - Hans Grundigs Werk ist ein Beispiel für die Haltung der Dresdner Künstler der Neuen Sachlichkeit, die sich ab etwa 1920 von der pathetischen Emphase des Expressionismus abgrenzten. Im Gegensatz zu den zynischen Chronisten ihrer Zeit, wie Grosz oder Dix, traten Grundig und andere jüngere Künstler als engagierte Gestalter gesellschaftlicher Visionen auf. Hier liegt der Fokus auf einer bewusst gebrochenen, teils naiv wirkenden Darstellung, mit der Grundig das Ziel verfolgte, die soziale Realität seiner Gegenwart ungeschönt, aber eindringlich sichtbar zu machen. - Vor allem in unserem weiblichen Akt kommt diese Haltung klar zum Ausdruck: Die Pose des Modells ist provokant, der leicht verzogene Mund und der starre Blick erzeugen eine Distanz, die nicht nur kühl, sondern gesellschaftlich aufgeladen erscheint. Die reduzierte Farbigkeit und der spontane Pinselduktus verstärken die emotionale Kälte. Damit gelingt es Grundig, auf die sozialen Umstände der Zeit hinzuweisen. Anders als bei Dix, der oft mit Allegorien und symbolischer Überformung arbeitete, steht bei Grundig der Mensch selbst und sein existenzieller Zustand im Mittelpunkt. - Sein künstlerisches Anliegen, das er gemeinsam mit seinen Zeitgenossen verfolgte, beschrieb er rückblickend: "Das ist unser allgemeiner Feind, die Welt in Ausschnitte zu zerlegen, die noch dazu Abziehbilder des Wirklichen sind, sie zu entkleiden von ihren tieferen Zusammenhängen. Wir wollen nicht ein Narkotikum sein für Außenseiter des Lebens, aber auch das wollen wir nicht, Abgründe mit Watte und Seidenschleiern bedecken, Schutzengel dazu malen, die aus bewusster Gesellschaftslüge bestimmter Kreise entwickelt wurden. Wir sind und wollen sein in Wahrheit Realisten, Fackelhalter der uns erkennbaren Wahrheit. Nichts verdecken, aber alles zeigen, und das Schöne im Leben, gerade das ist es, was wir mit Sehnsucht unseres Herzens ersehnen und mit allen Mitteln erkämpfen." (Brief von Hans an Lea Grundig, 24.9.1946) - Vereinzelt minimal stockfleckig.
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