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Radziwill, Franz

(Strohausen 1895 - 1983 Wilhelmshaven)

Radziwill, Franz
(Strohausen 1895 - 1983 Wilhelmshaven)
Blick von den Dünen von Schoorl. Öl auf Holz. 1926. 42 x 50,5 cm. Unter Glas gerahmt.
Signiert. Verso bezeichnet "86".

Schulze 278 - Radziwill-Liste 4, Nr. 86 - Provenienz: Privatsammlung Köln. - Ausgestellt und abgebildet in: Die Halbinsel der Seligen. Franz Radziwill in der Natur. Dangast, Franz Radziwill Haus u.a., 2014, Katalog-Nr. 6 sowie abgebildet in: Franz Radziwill in der Künstlergruppe "Die Sieben". Dangast, Franz Radziwill Haus, 2010, S. 20. - Mit seiner Übersiedlung nach Dangast 1923 geriet Radziwill in eine Umbruchphase und wandte sich vom Expressionismus ab. In der darauffolgenden Zeit änderte er seine Handschrift grundlegend und fand in der holländischen Malerei neue Vorbilder. Im Amsterdamer Rijksmuseum widmete er "sich den fantastischen Panoramen von Bruegel und Bosch, studierte den Stimmungsgehalt in den Werken von Seghers und das fokussierende Licht bei Rembrandt." (Birgit Denizel, Im "Seinsraum" des Malers, in: Franz Radziwill. Die Halbinsel der Seligen, S. 10) Zwischen 1925 und 1933 besuchte der Künstler regelmäßig den holländischen Maler Mattheus Josephus Lau (1889-1958) in Schoorl, ca. 50 Kilometer nördlich von Amsterdam. - Von seinem zweiwöchigen Aufenthalt berichtete er im Winter 1926 seinem guten Freund, dem Kunsthistoriker Wilhelm Niemeyer: "Es war mir etwas vollständig neues und großes, zwischen hohen weiten Dünen zu sein, die, wenn man in ihren Tälern wandert, wie ein Irrgarten schienen, dessen Linien Ähnlichkeiten mit den Dolomiten haben könnten. Ich kenne die Vogesen, aber das Wort Gebirge war in den Dünen besser geprägt wie in den Vogesen. Es war fast etwas, das einem den Flug des Vogels gab, so schnell Höhen zu erklimmen und schnell wieder in einem tiefen, stillen, eingeschlossenen Tal zu sein. Von den Gipfeln in zwei weite verschiedenfarbige Meere zu blicken, in Wiesen und See, gepeitscht und oftmals durch schwere, schnell fliegende Regenböen durchbrochen, die Wiesen verdunkelten und in sich aufsogen, den ockergoldenen Fuß der Dünen warfen, auf dessen Hängen der feine Sand staubte, auf dessen Gipfel der Strandhafer wie aufgelöstes Haar wehte." (in: Gerhard Wietek, Franz Radziwill - Wilhelm Niemeyer. Dokumente einer Freundschaft, Oldenburg 1990, S. 125) - Beeindruckt von dem Naturschauspiel malte Radziwill die Dünen gleich schroffen Felsen oder Eisblöcken, die sich zum Himmel auftürmen und durch kalte Farben und kantige Formen bedrohlich wirken. Von einer Anhöhe aus, wo vereinzelte Halme die einzigen Elemente des Lebens sind, führt der Ausblick in die Ebene des Hinterlandes mit heimeligen Gehöften und durch Baumreihen eingefriedeten, bunten Feldern. Der stürmische Himmel über diesen so kontrastierenden Landschaftselementen, die in den für Radziwill so typischen Grün-, Rot- und Blautönen gehalten sind, wurde später durch das magische Detail eines Auges ergänzt. Der Zeitgenosse und Freund Niemeyer schrieb 1930 dazu: "[...] jede Kuppe, Welle, Kammspitze macht die Atome des Sandes ahnbar, die diese zerschlitzte Meeresmauer türmen, ihre rieselnde Flüchtigkeit, ihre körnige Unverbundenheit, die zu den krausen Zerfallsformen dieser Gipfel und Schluchten führt, die sich so jäh dann mit dem süßen Blauhauch der Meerluft verhüllen." (in: ebd., S. 237 f.) - Auf Bestreben des Kunstsammlers Josef Haubrich fertigte Radziwill 1927 eine zweite Version der Dünenlandschaft von Schoorl an, welche sich heute in der Neuen Nationalgalerie in Berlin befindet. - Retuschen sowie materialbedingtes Craquelé.
Zuschlag: 44.000 €