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Massias, Georg
(1906 - gefallen um 1945)
Massias, Georg
(1906 - gefallen um 1945)
Selbstbildnis vor Vogelkäfig. Öl auf Pressholz. Um 1936-40. 54,7 x 39 cm. Gerahmt.
Signiert. Auf einem Etikett signiert, handschriftlich betitelt u. mit der Adresse des Künstlers versehen (beigegeben).
In dunklem Anzug mit Fliege, konzentriert und nachdenklich zugleich, zeigt sich der Künstler vor einem schlichten weiß lackierten Vogelkäfig. Es ist, als führe er ein Zwiegespräch mit seinem Ziervogel, ein farbenprächtiger Reisfink, dessen Haltung unmissverständlich erkennen lässt, dass dieser nicht die Absicht hat, die gewonnene Freiheit aufzugeben und in den Käfig zurückzukehren. - Angesichts der Jahre 1935 bis 1940, in denen das NS-Regime seine Macht festigte und das gesellschaftliche Leben Schritt für Schritt gleichschaltete, gewinnt diese Szenerie eine stille, aber eindringliche Symbolkraft. Der Blick des Malers ist nicht - wie meist bei Künstlerselbstbildnissen - auf den Betrachter gerichtet, sondern ruht auf seinem Vogel, der zur Allegorie des freien Geistes wird, der sich nicht beugen will. - Diese Spannung setzt sich fort in einem leicht zu übersehenden Detail. So spiegeln sich in den feinen Brillengläsern des Künstlers deutlich erkennbar Fassaden von Häusern wider. Es sind städtische Wände, vermutlich Berliner Mietshäuser, wie sie das Lebensumfeld der 1930er Jahre prägten. Gleichsam als Gegenbild zum Innenraum, dessen Abgeriegeltheit sich in der geschlossenen Tür und dem im Schloss steckenden Schlüssel subtil verdichtet, stehen sie für das "Draußen" - das Sichtbare und doch wohl ungreifbar Entfernte. - Über den Künstler Georg Massias ist leider so gut wie nichts bekannt. Geboren am 18.10.1906 und wohl im Zweiten Weltkrieg gefallen, belegen Einschreibeverzeichnisse vom Wintersemester 1923/24 bis zum Sommersemester 1929 sein Studium an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin in der Klasse von Emil Orlik. Ein dem Gemälde beigefügtes handschriftliches Etikett verrät, dass Massias im Stadtteil Prenzlauer Berg, Bötzowstraße 54, wohnte, in der Zwischenkriegszeit Heimat zahlreicher Intellektueller und Künstler. Kleidung und Brille deuten auf eine kultivierte Persönlichkeit hin. Das dunkelbraune, wenn auch leicht gelichtete Haar sowie das glatte, faltenfreie Gesicht sprechen für ein Lebensalter zwischen 30 und 35 Jahren. Daraus lässt sich schließen, dass Georg Massias das vorliegende "Selbstbildnis vor Vogelkäfig" vermutlich zwischen 1936 und 1940 geschaffen hat. - Die nahezu emailartige Malweise, die distanzierte, objekthafte Beobachtung der Gegenstände sowie die akkurate, bis ins kleinste Detail ausgeführte Darstellung verorten das Werk stilistisch eindeutig im Umfeld der Neuen Sachlichkeit. In seiner formalen Strenge, psychologischen Geschlossenheit und symbolischen Tiefendimension stellt es ein bemerkenswertes Beispiel für das Künstlerselbstbildnis im Deutschland der 1930er Jahre dar und ist zugleich rares Zeugnis eines bislang kaum dokumentierten Einzelgängers innerhalb dieser Strömung. - Vereinzelte kleine Farbverluste. Minimales Craquelé.
(1906 - gefallen um 1945)
Selbstbildnis vor Vogelkäfig. Öl auf Pressholz. Um 1936-40. 54,7 x 39 cm. Gerahmt.
Signiert. Auf einem Etikett signiert, handschriftlich betitelt u. mit der Adresse des Künstlers versehen (beigegeben).
In dunklem Anzug mit Fliege, konzentriert und nachdenklich zugleich, zeigt sich der Künstler vor einem schlichten weiß lackierten Vogelkäfig. Es ist, als führe er ein Zwiegespräch mit seinem Ziervogel, ein farbenprächtiger Reisfink, dessen Haltung unmissverständlich erkennen lässt, dass dieser nicht die Absicht hat, die gewonnene Freiheit aufzugeben und in den Käfig zurückzukehren. - Angesichts der Jahre 1935 bis 1940, in denen das NS-Regime seine Macht festigte und das gesellschaftliche Leben Schritt für Schritt gleichschaltete, gewinnt diese Szenerie eine stille, aber eindringliche Symbolkraft. Der Blick des Malers ist nicht - wie meist bei Künstlerselbstbildnissen - auf den Betrachter gerichtet, sondern ruht auf seinem Vogel, der zur Allegorie des freien Geistes wird, der sich nicht beugen will. - Diese Spannung setzt sich fort in einem leicht zu übersehenden Detail. So spiegeln sich in den feinen Brillengläsern des Künstlers deutlich erkennbar Fassaden von Häusern wider. Es sind städtische Wände, vermutlich Berliner Mietshäuser, wie sie das Lebensumfeld der 1930er Jahre prägten. Gleichsam als Gegenbild zum Innenraum, dessen Abgeriegeltheit sich in der geschlossenen Tür und dem im Schloss steckenden Schlüssel subtil verdichtet, stehen sie für das "Draußen" - das Sichtbare und doch wohl ungreifbar Entfernte. - Über den Künstler Georg Massias ist leider so gut wie nichts bekannt. Geboren am 18.10.1906 und wohl im Zweiten Weltkrieg gefallen, belegen Einschreibeverzeichnisse vom Wintersemester 1923/24 bis zum Sommersemester 1929 sein Studium an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin in der Klasse von Emil Orlik. Ein dem Gemälde beigefügtes handschriftliches Etikett verrät, dass Massias im Stadtteil Prenzlauer Berg, Bötzowstraße 54, wohnte, in der Zwischenkriegszeit Heimat zahlreicher Intellektueller und Künstler. Kleidung und Brille deuten auf eine kultivierte Persönlichkeit hin. Das dunkelbraune, wenn auch leicht gelichtete Haar sowie das glatte, faltenfreie Gesicht sprechen für ein Lebensalter zwischen 30 und 35 Jahren. Daraus lässt sich schließen, dass Georg Massias das vorliegende "Selbstbildnis vor Vogelkäfig" vermutlich zwischen 1936 und 1940 geschaffen hat. - Die nahezu emailartige Malweise, die distanzierte, objekthafte Beobachtung der Gegenstände sowie die akkurate, bis ins kleinste Detail ausgeführte Darstellung verorten das Werk stilistisch eindeutig im Umfeld der Neuen Sachlichkeit. In seiner formalen Strenge, psychologischen Geschlossenheit und symbolischen Tiefendimension stellt es ein bemerkenswertes Beispiel für das Künstlerselbstbildnis im Deutschland der 1930er Jahre dar und ist zugleich rares Zeugnis eines bislang kaum dokumentierten Einzelgängers innerhalb dieser Strömung. - Vereinzelte kleine Farbverluste. Minimales Craquelé.
Schätzpreis: 4.000 €