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Fetting, Rainer

(Wilhelmshaven 1949 - lebt in Berlin)

Fetting, Rainer
(Wilhelmshaven 1949 - lebt in Berlin)
Selbst. Öl auf Leinwand. 1990. 40,8 x 31,8 cm. In Künstlerleiste gerahmt.
Verso signiert, datiert, betitelt u. mit der Werknummer "B 271" bezeichnet.

Forsch herausfordernd blickt uns das Antlitz Rainer Fettings in vorliegendem Selbstportät entgegen. Dominiert von satten Grüntönen präsentiert es sich als herausragendes Beispiel des für den Künstler ganz eigenen, markant malerischen Stils, geprägt durch das Wechselspiel von Sinnlichkeit und Expressivität, Spontanität und hoher malerischer Virtuosität. - Zum Studium 1972 nach Westberlin gekommen, gründete Fetting 1977 gemeinsam mit weiteren jungen Künstlern wie Salomé, Helmut Middendorf oder Anne Jud die Galerie am Moritzplatz. Diese "Selbsthilfegalerie" ermöglichte es unetablierte, figurative Kunst fern der auf dem Kunstmarkt vorherrschenden Abstraktion zu präsentieren. Die schnell unter dem vom Kunsthistoriker Wolfgang Becker in Anlehnung an die französischen "Fauves" (wilde Bestien) geprägten Begriff der "Neuen Wilden" bekanntgewordenen "Moritzboys" einte eine Rückbesinnung auf eine expressionistische figurative Malerei, die Vorliebe für Farbe als Ausdrucksmittel sowie die Reduktion des Gegenständlichen durch eine eruptive Malgestik. Fetting selbst jedoch lehnt diese Bezeichnung ab: "Seine Malerei ist nicht der Wildheit wegen wild, die Geste hat keinen Selbstzweck, und die Malerei geht nie in völlige Abstraktion über, in der der Pinselstrich selbst zum alleinigen Bild wird." (Constanze Köster, Faszination für Malerei, in: Here are the lemons. Rainer Fetting. Schleswig, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf u.a., 2020, S. 32) - Auch in unserem Selbstporträt verschmelzen Form und Farbe "in der malerischen Bewegung, die bei aller Kraft und Intensität eben nicht aus dem impulsiven, wilden Gestus kommt, sondern einen reflektierten, treffsicheren Einsatz malerischer Mittel verrät", ohne sich jedoch in völlige Abstraktion zu verlieren (Uta Kuhl, Faszination und Avantgarde, in: ebd., S. 22). Mit schnellen, breiten Pinselstrichen modelliert Fetting seinen Darstellungsgegenstand, Formen und Umrisse aus der Farbe heraus. Der Malprozess bleibt für das betrachtende Publikum stets nachvollziehbar. Jener ausdrucksstarke Pinselstrich, die Darstellung im Halbprofil und der aus den Augenwinkeln herausblickende Maler lassen dabei an die Selbstbildnisse Vincent van Goghs denken, den Fetting in seiner Malerei wiederholt zitiert. Durch die extreme Nahsicht, die präzise konzipierte Farbwahl, den scheinbar in Drehung befindlichen Kopf, entfaltet dieses Selbstbildnis seine ganz eigene unwiderstehliche und expressive Kraft.
Zuschlag: 56.000 €