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Feininger, Lyonel

(1871 New York 1956)

Feininger, Lyonel
(1871 New York 1956)
Sardinen-Fischer II. Aquarell u. Feder in Tusche auf Bütten. 1932. 30,5 x 46,6 cm, im Passepartout freigestellt. Unter Glas gerahmt.
Signiert, datiert (29 8 32), betitelt u. mit Widmung vom 12.III.34 an Renate Rive versehen.

Die Arbeit ist im Archiv des Lyonel Feininger Project, New York/Berlin, unter der Nummer "1853-05-22-23" registriert (Authentizitätsbestätigung von Achim Moeller beigegeben). - Provenienz: Sammlung Renate Rive, Halle; um 1966-74 Kennedy Galleries, New York; Privatsammlung Süddeutschland; Privatsammlung Berlin. - Ausgestellt und abgebildet in: Lyonel Feininger. Aquarelle und Zeichnungen. Stuttgart, Kunsthaus Bühler, 1972, Katalog-Nr. 16, S. 9. - In "Sardinen-Fischer II" von 1932 verdichtete Lyonel Feininger seine langjährige Auseinandersetzung mit Form, Linie und Rhythmus zu einer maritimen Szenerie von stiller Präzision. Fischerboote liegen im geschützten Hafen, eingefasst von einer geometrisch gegliederten Mole. Die Segel, reduziert auf Flächen aus Weiß, Braun und blassem Blau, wirken beinahe transparent, wie ausgeschnitten aus dem Licht des südlichen Himmels. - Boote waren für Feininger mehr als bloßes Motiv: Sie standen als Metapher für Bewegung, für Transzendenz, für das Übersetzen von einem Ort zum anderen - künstlerisch wie existenziell. In "Sardinen-Fischer II" wird das Motiv in einer leisen, fast poetischen Weise interpretiert. Die Fischer erscheinen nicht als Individuen, sondern als Teil eines großen Gefüges aus Mensch, Natur und Technik - reduziert auf wenige Striche, eingebettet in eine klar rhythmisierte Komposition. - Feininger war von 1919 an der erste Meister am Staatlichen Bauhaus in Weimar. Dort leitete er die Druckwerkstatt und trug wesentlich zur Formulierung einer modernen Bildsprache bei, die auf der Synthese von Kunst, Handwerk und Architektur beruhte. Zwar war Feininger als Maler ein Einzelgänger unter den Bauhaus-Meistern und weniger sozialreformerisch orientiert als etwa Gropius oder Schlemmer, doch seine Werke teilen das zentrale Anliegen des Bauhauses: die Reduktion auf das Wesentliche, die Durchdringung von Struktur und Fläche, die Suche nach einer universellen Formensprache, die Feininger im Dialog mit den Idealen des Bauhauses entwickelte. Dabei bleibt das Bild stets auch lyrisch und atmet eine stille Konzentration, die das nüchtern Konstruktive durch eine poetische Dimension erweitert. - Zur Widmung: 1929 erhielt Lyonel Feininger auf Vermittlung des Direktors Alois J. Schardt vom Oberbürgermeisters Richard Robert Rive den Auftrag, eine Stadtansicht von Halle zu malen. Bis 1931 entstanden auf dieser Grundlage insgesamt 11 Gemälde und 29 Zeichnungen, die die Stadtverwaltung für das Kunstmuseum Moritzburg erwarb. Auch nach der Entlassung Rives bei der NS-Machtübernahme 1933 blieb Feininger Rive und der Stadt Halle verbunden.
Schätzpreis: 40.000 €