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Münter, Gabriele

(Berlin 1877 - 1962 Murnau)

Münter, Gabriele
(Berlin 1877 - 1962 Murnau)
Blumen und Schatten. Öl auf Malkarton. 1935. 34 x 42 cm. Gerahmt.
Signiert u. datiert. Verso ein weiteres von der Künstlerin übermaltes Ölgemälde (Porträt Hanna Stirnemann), dieses teilweise freigelegt. Verso zusätzlich signiert, betitelt, mit der Werknummer "69/35" u. zweifachem Nachlaßstempel versehen.

Das Gemälde ist unter der Nummer "B 78" in der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung im Lenbachhaus, München, registriert (verso mit der Registermarke). Ein Schreiben der Stiftung von 1996 zum rückwärtigen Frauenporträt in Kopie beigegeben. - Provenienz: Vom Vorbesitzer 1996 in der Galerie Ludorff, Düsseldorf, erworben (Originalrechnung und Expertise in Kopie beigegeben). - Abgebildet in: Katalog 80. Düsseldorf, Galerie Ludorff, o.J., S. 85. - Nach dem Ersten Weltkrieg und der Trennung von Wassily Kandinsky begann für Gabriele Münter eine Phase der Neuorientierung. Sie lebte abwechselnd in Kopenhagen, Köln, München, Murnau und Berlin. Ein längerer Aufenthalt in Paris mit anschließender Reise nach Südfrankreich gab ihrem Schaffen neuen Aufschwung. 1931 kehrte Münter dauerhaft nach Murnau zurück, wo sie gemeinsam mit ihrem Lebenspartner, dem Kunsthistoriker und Philosophen Johannes Eichner, jenes Haus bezog, in dem sie bereits mit Kandinsky gelebt hatte. Es begann eine Zeit neuer Produktivität, in der Münter künstlerisch an die frühe expressionistische Tradition aus der Periode des "Blauen Reiters" anknüpfte. Erneut dienten ihr die landschaftliche Umgebung, die farbintensive Volkskunst und insbesondere die in vielen Kirchen vorhandenen Hinterglasbilder, die sich durch eine intensive Farbigkeit und konturbetonte Darstellungsweise auszeichnen, als Inspirationsquelle. - In den 30er Jahren sind Blumenstilleben und Landschaften die beiden zentralen Motive in Münters malerischem Werk. In "Blumen und Schatten" lässt sich eine Rückbesinnung auf ihre frühere freie Malweise und eine wieder kräftige Farbpalette erkennen. Ein intensives Rot und leuchtend gelbe Farbakzente verbinden sich hier mit gemäßigtem Blau und nuancierten Grüntönen zu einem harmonisch ausgewogenen Farbenspiel. Neben dem intensiven Kolorit resultiert die bemerkenswerte Präsenz dieses Blumenstillebens auch aus der außergewöhnlichen Perspektive, die Münter wählte. In steiler Aufsicht wiedergegeben können die gänzlich entfalteten Blüten in ihrer formalen Schönheit voll zur Geltung kommen. Gleichzeitig ermöglicht ihr jene Perspektive die abstrakt anmutenden Konturen des Schattens festzuhalten, der sich durch einen seitlichen Lichteinfall deutlich auf der weißen Tischdecke abzeichnet. Dieses Spiel mit den Formen verleiht dem Stilleben eine lebhafte Dynamik und schwungvolle Energie. - Münter malte des Öfteren abends mithilfe künstlicher Lichtquellen, um eine intensive Bildwirkung zu erzielen: "Gabriele Münter hatte [...] die Erfahrung gemacht, daß abends gemalte Bilder bei Tagesbeleuchtung mächtig wirken. [...] Da ergeben sich malerische Wirkungen, die sonst nicht zu sehen sind. Das Dunkel arbeitet der künstlerischen Gestaltung vor, verschluckt die Einzelheiten und taucht alles in ein merkwürdiges, naturfernes Licht." (Johannes Eichner, zit. nach: Sabine Windecker, Gabriele Münter. Eine Künstlerin aus dem Kreis des "Blauen Reiter", Berlin 1991, S. 198 f.) Auf jene Weise ist auch 1941 das Stilleben "Blumen in der Nacht" (Hamburger Kunsthalle) entstanden, welches das erste Gemälde der Künstlerin war, das von einem Museum erworben wurde.
Zuschlag: 75.000 €