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Baluschek, Hans
(Breslau 1870 - 1935 Berlin)
Baluschek, Hans
(Breslau 1870 - 1935 Berlin)
Auswanderer (in der vierten Klasse). Mischtechnik auf Karton. 1909. 90 x 120 cm. Gerahmt.
Signiert u. datiert. Verso zweifach signiert, betitelt u. mit der Ortsangabe "Berlin" versehen.
Meißner 254a - Provenienz: Privatsammlung Connecticut (USA); Privatsammlung Baden-Württemberg. - Ausgestellt in: Achtzehnte Ausstellung der Berliner Secession. Berlin, Ausstellungshaus am Kurfürstendamm, 1909, Katalog-Nr. 6 (unter dem Titel "Vierte Klasse") sowie abgebildet in: Paul von Szczepanski, Im Zeichen des Verkehrs. Zu den Bildern von Hans Baluschek, in: Die Gartenlaube, Heft 24, 1914, S. 500-504, Abb. S. 501 (beigegeben); Friedrich Wendel. Eine Monographie, Berlin 1924, Abb. 36, S. 42. - Berlin wurde 1877 zur Millionenmetropole und bis 1905 verdoppelte sich diese Zahl noch einmal. Mitten in der Stadt entstanden Fabrikgebäude, Maschinenhallen und Schornsteine, der Schienenverkehr wurde ausgebaut und die wachsende Masse der Arbeiter lebte in den berühmt-berüchtigten Mietskasernen mit unzähligen Hinterhöfen. Baluschek offenbart die harten Lebensumstände, die weder Schwäche erlaubten noch Rücksicht kannten, sodass sich mancher zur Auswanderung gezwungen sah. - Von einem rauchenden Herrn im Wagon der oberen Klasse und einem Schaffner observiert, drängen die Menschen im Bereich der vierten Klasse mit Sack und Pack zum bereits übervollen Eisenbahnwagen. Im Hintergrund die Gleisanlagen und Signale, die den Eisenbahnersohn Baluschek immerfort faszinierten. Stets malte er Züge, Bahnhöfe, Schienenstränge oder Oberleitungen mit detailversessener Begeisterung. Zugleich prangerte er die gesellschaftlichen Folgen der Industrialisierung, die zur Entfremdung des natürlichen Lebensraums und Verelendung des Proletariats führten, scharf an. - "Arbeiter, Kleinbürger, Spießer, Dirnen, Zuhälter entstanden in meiner Kunst zu dem neuen Leben, das ich wollte. Armut, Beschränktheit, Not, Verkommenheit, Laster materialisierte ich - wenn auch nur zweidimensional. Ich fühle mich als das Instrument des Gottes, der den bedürftigen Menschen, die ich erleben muss, wohlwill. Ich weiß, was Schönheit ist, zeige, wo sie nicht ist, und suche sie. Ich sehe das Böse und Schlimme, konzentriere es auf einem Rechteck von Papier oder Leinwand und suche das Gute. Ich bin nicht sentimental und liebe sanfte Form des Protestes nicht. Meine Waffen: Pinsel, Kohle, Feder, Bleistift, sollen hauen und stechen." (Hans Baluschek, Im Kampf um meine Kunst, in: Die Gartenlaube, Heft 27, Leipzig 1920, S. 447-450, hier S. 450). - Für seine sozialkritischen Großstadtbilder entwickelte Baluschek eine eigene Maltechnik, die vor allem auf Aquarellen und Gouachen aufbaute, während er Ölfarben vergleichsweise selten benutzte. Der Untergrund wurde mit Ölkreidestiften vorbereitet, um einen sehr farbigen und zugleich stumpfen Gesamteindruck zu bilden. Laut Baluschek sollte dies der Berliner Atmosphäre entsprechen, "wie ich sie mir in ihrem grauen Charakter empfinde." Er schrieb weiter: "Mir war die Ölfarbe für diesen Zweck zu satt und zu speckig; außerdem gestattet sie mir bei den verhältnismäßig kleinen Formaten nicht den scharfen Ausdruck der Gesichtslinien meiner Figuren und gewisse Einzelheiten, wie der gespitzte Stift, mit dem ich farbig zeichnen konnte." (Margit Bröhan, Hans Baluschek. 1870-1935. Maler, Zeichner, Illustrator. 2. erweiterte Auflage. Berlin, Bröhan-Museum, 2002, S. 30) - Der Bildträger unten mit einem fachmännisch restaurierten Einriss. Vereinzelte leichte Kratzspuren.
(Breslau 1870 - 1935 Berlin)
Auswanderer (in der vierten Klasse). Mischtechnik auf Karton. 1909. 90 x 120 cm. Gerahmt.
Signiert u. datiert. Verso zweifach signiert, betitelt u. mit der Ortsangabe "Berlin" versehen.
Meißner 254a - Provenienz: Privatsammlung Connecticut (USA); Privatsammlung Baden-Württemberg. - Ausgestellt in: Achtzehnte Ausstellung der Berliner Secession. Berlin, Ausstellungshaus am Kurfürstendamm, 1909, Katalog-Nr. 6 (unter dem Titel "Vierte Klasse") sowie abgebildet in: Paul von Szczepanski, Im Zeichen des Verkehrs. Zu den Bildern von Hans Baluschek, in: Die Gartenlaube, Heft 24, 1914, S. 500-504, Abb. S. 501 (beigegeben); Friedrich Wendel. Eine Monographie, Berlin 1924, Abb. 36, S. 42. - Berlin wurde 1877 zur Millionenmetropole und bis 1905 verdoppelte sich diese Zahl noch einmal. Mitten in der Stadt entstanden Fabrikgebäude, Maschinenhallen und Schornsteine, der Schienenverkehr wurde ausgebaut und die wachsende Masse der Arbeiter lebte in den berühmt-berüchtigten Mietskasernen mit unzähligen Hinterhöfen. Baluschek offenbart die harten Lebensumstände, die weder Schwäche erlaubten noch Rücksicht kannten, sodass sich mancher zur Auswanderung gezwungen sah. - Von einem rauchenden Herrn im Wagon der oberen Klasse und einem Schaffner observiert, drängen die Menschen im Bereich der vierten Klasse mit Sack und Pack zum bereits übervollen Eisenbahnwagen. Im Hintergrund die Gleisanlagen und Signale, die den Eisenbahnersohn Baluschek immerfort faszinierten. Stets malte er Züge, Bahnhöfe, Schienenstränge oder Oberleitungen mit detailversessener Begeisterung. Zugleich prangerte er die gesellschaftlichen Folgen der Industrialisierung, die zur Entfremdung des natürlichen Lebensraums und Verelendung des Proletariats führten, scharf an. - "Arbeiter, Kleinbürger, Spießer, Dirnen, Zuhälter entstanden in meiner Kunst zu dem neuen Leben, das ich wollte. Armut, Beschränktheit, Not, Verkommenheit, Laster materialisierte ich - wenn auch nur zweidimensional. Ich fühle mich als das Instrument des Gottes, der den bedürftigen Menschen, die ich erleben muss, wohlwill. Ich weiß, was Schönheit ist, zeige, wo sie nicht ist, und suche sie. Ich sehe das Böse und Schlimme, konzentriere es auf einem Rechteck von Papier oder Leinwand und suche das Gute. Ich bin nicht sentimental und liebe sanfte Form des Protestes nicht. Meine Waffen: Pinsel, Kohle, Feder, Bleistift, sollen hauen und stechen." (Hans Baluschek, Im Kampf um meine Kunst, in: Die Gartenlaube, Heft 27, Leipzig 1920, S. 447-450, hier S. 450). - Für seine sozialkritischen Großstadtbilder entwickelte Baluschek eine eigene Maltechnik, die vor allem auf Aquarellen und Gouachen aufbaute, während er Ölfarben vergleichsweise selten benutzte. Der Untergrund wurde mit Ölkreidestiften vorbereitet, um einen sehr farbigen und zugleich stumpfen Gesamteindruck zu bilden. Laut Baluschek sollte dies der Berliner Atmosphäre entsprechen, "wie ich sie mir in ihrem grauen Charakter empfinde." Er schrieb weiter: "Mir war die Ölfarbe für diesen Zweck zu satt und zu speckig; außerdem gestattet sie mir bei den verhältnismäßig kleinen Formaten nicht den scharfen Ausdruck der Gesichtslinien meiner Figuren und gewisse Einzelheiten, wie der gespitzte Stift, mit dem ich farbig zeichnen konnte." (Margit Bröhan, Hans Baluschek. 1870-1935. Maler, Zeichner, Illustrator. 2. erweiterte Auflage. Berlin, Bröhan-Museum, 2002, S. 30) - Der Bildträger unten mit einem fachmännisch restaurierten Einriss. Vereinzelte leichte Kratzspuren.
Zuschlag: 12.000 €