Los 189 aus unserer vergangenen Frühjahrsauktion am 29. April 2023
Mädchenkopf auf schlankem Hals (Kopf der Großen Sinnenden). Steinguss, dunkelgrau-schwarz. 1913/14. 42 x 29,5 x 19 cm.
Schubert 67 I A3, Abb. 309 – 2018 zusätzlich von Dr. Gottlieb Leinz, Duisburg, bestätigt. – Provenienz: Galerie Vömel, Düsseldorf (bis 1957/1960); Privatbesitz Ascona, seitdem in Familienbesitz. – Die Arbeit wurde vom Art Loss Register geprüft (Zertifikat vom 14. Februar 2023 beiliegend).
Lehmbrucks Prämisse war die des beseelten Menschen, frei von der Wiedergabe modischer Attribute. Ohne ihren spezifischen seelischen Ausdruck sind Lehmbrucks Werke nach 1910 nicht denkbar. Damit hat Lehmbruck einen frühen und wesentlichen Beitrag zum modernen Menschenbild in der Kunst des 20. Jahrhunderts geleistet.
Als Sohn eines Tagelöhners geboren, studierte Lehmbruck zwischen 1895 und 1906 an der Kunstgewerbeschule und Akademie in Düsseldorf. 1907 führte ihn eine Ausstellungsbeteiligung am “Salon de la Société Nationale des Beaux-Arts” erstmals nach Paris, wohin er drei Jahre später mit seiner Familie übersiedelte. Losgelöst von seinen Vorbildern Auguste Rodin und Aristide Maillol gelang Lehmbruck im Jahr 1911, als er gemeinsam mit den Kubisten im “Salon des Artistes Indépendants” ausstellte, der künstlerische Durchbruch. In seiner Plastik “Die große Kniende” wird sein persönlicher Stil zum ersten Mal in Gänze sichtbar: Übersteigerte Proportionen, ein stilisiertes Frauenideal sowie der thematisierte Konflikt zwischen Leib und Seele. Bereits 1913 durfte Lehmbruck als einziger deutscher Bildhauer an der Armory Show in New York teilnehmen. 1914 zwang der ausbrechende Krieg den Künstler zurück nach Deutschland.
Die “Große Sinnende” von 1913/14 ist die letzte ganzfigurige Frauendarstellung im Werk Lehmbrucks. Während Männer- und Jünglingsdarstellungen ganzfigurig blieben, beschäftigte sich der Bildhauer danach nur noch mit den Fragmenten weiblicher Körper. So zerteilte der Künstler die “Große Sinnende”, indem er die Büste mit Schultern fertigte, ferner formte er diese nur mit dem Schulteransatz und er goss den Kopf ohne Schultern ab. Durch die Verwendung innovativer Werkstoffe, wie dem Stein- bzw. Zementguss, gelang es ihm den seelischen Ausdruck seiner archaischen Skulpturen zu erhöhen und deren Expressivität zu steigern.
Bei vorliegendem Exemplar “handelt [es] sich dabei ohne Zweifel, auch wenn der Steinguss nicht signiert ist, um eine authentische originale Lehmbruckarbeit, wie der Vergleich etwa mit den Bronzen (Hoff 1936, Abb. S. 52) zeigen kann. Bedeutsam bleibt, dass die Zusammensetzung der zerbrochenen und zusammengehörigen Teile nicht verdeckt wurde, sondern sichtbar bleibt.” (Dr. Gottlieb Leinz in seinem Bestätigungsschreiben von 2018)
Ergebnis: 46.080 € (inkl. Aufgeld)
Bitte registrieren Sie sich oder melden Sie sich an, um diese Funktion zu nutzen.